Die Projektidee regt zu einer kreativen Auseinandersetzung mit Musik und Texten der Reformationszeit an. Mithilfe intuitiv bedienbarer Audiosoftware werden Lieder aus dem Evangelischen Gesangbuch neu vertont und remixt. So entsteht einerseits eine Annäherung an das Lebensgefühl der frühen Neuzeit, andererseits können die Schülerinnen und Schüler eigenen Gedanken und Gefühlen Ausdruck verleihen. Musikalisches Vorwissen ist nicht zwingend erforderlich.
Zielgruppe: Ab Jahrgangsstufe 7
Zeitumfang: Ca. 8 Unterrichtsstunden
Materialien:
Für das Erstellen eigener Musik wird als Software eine sogenannte Digital Audio Workstation (DAW) benötigt. Zu den kostenlos verfügbaren Open-Source-DAWs gehören z. B. die Programme Tracktion t5, Audacity oder MuLab. Für diese Tools finden sich auf YouTube zahlreiche erläuternde Tutorials. Besonders intuitiv benutzbar sind die Einsteiger-DAWs Magix Music Maker (Microsoft Windows) und GarageBand (Apple OS). Magix Music Maker ist in mehreren Versionen (u. a. als 30-Tage-Testversion bzw. kostenfreie Basisversion) erhältlich und eignet sich in besonderem Maße. Über Drag&Drop lassen sich in kurzer Zeit Songs nach einem Baukastenprinzip zusammensetzen. Wer nicht auf vorgefertigte Samples zurückgreifen möchte, kann mit Hilfe der PC-Tastatur oder eines USB-Keyboards die Tracks nach Belieben bearbeiten, Sounds modulieren und Beats entwickeln. Für Gesangsaufnahmen wird zusätzlich ein USB-Mikrofon oder ein Audiointerface benötigt, über das ein Mikrofon angeschlossen werden kann. Die folgende Projektskizze illustriert das Vorgehen anhand von Magix Music Maker.
Am Ende der Seite steht im Downloadbereich eine Auswahl an MIDI-Files (Melodie und Bass) von speziell eingespielten Reformationsliedern zur freien Verfügung. Diese können den eigenen Bedürfnissen bezüglich Sound, Tonhöhe und Tempo angepasst werden.
Ziel des Projekts ist die kreative Bearbeitung eines Reformationslieds in Text und Musik. Die Auseinandersetzung mit den reformatorischen Gedanken erhält dadurch eine zeitgemäße und originelle Ausdrucksform. Als Einstieg in die Thematik beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Text Luther als Musiker von Burkhard Weitz. Sie erfahren auf diese Weise, welche Bedeutung Musik und Singen in der frühen Neuzeit hatten. Im Anschluss tauschen sich die Schülerinnen und Schüler über die Relevanz von Musik für ihren eigenen Alltag aus. Dabei kann auch ein Vergleich mit der Situation vor 500 Jahren erfolgen.
Mit Unterstützung der Lehrkraft wählen die Schülerinnen und Schüler eines oder mehrere Reformationslieder zur Bearbeitung aus. Die Auswahl kann mittels Gesangbuch erfolgen oder sich an den unten bereitgestellten Musikdateien orientieren (Hinweis: Die MP3-Dateien können direkt im Browser angehört werden). In einem ersten Schritt analysieren die Schülerinnen und Schüler den Text des ausgewählten Liedes und recherchieren dessen Hintergründe. Im Anschluss diskutieren sie, ob die Texte bearbeitet werden sollen, z. B. aus Gründen der Aktualität, der Verständlichkeit oder der Anpassung an eine bestimmte Form. Dabei stellen sich u. a. folgende Fragen: Braucht es eine Überführung des Textes in die Gegenwartssprache, also eine Art „Übersetzung“? Soll sich der neue Text reimen? Sind Passagen zu streichen? Will man mit Schlüsselwörtern oder kurzen Aussagen, die in die Musik eingebettet werden, arbeiten. Oder lässt man nur die Musik wirken?
Schließlich entscheiden sich die Schülerinnen und Schüler für ein musikalisches Genre (wie z. B. Rap, Rock, Chanson).
Magix Music Maker ist Mischpult, Drumcomputer, Beatbox und Aufnahmestudio in einem. Das Programm stellt eine Vielzahl von Sounds und Loops für eigene Kreationen zur Verfügung, besitzt mehrere Synthesizer und dient als Aufnahmestudio mit zahlreichen Effekten. Die unten bereitgestellten MIDI-Audiodateien können direkt importiert werden. Bei vielen Schritten steht die Software beratend zur Seite.
Alle Lieder können am Ende der Seite als MP3-Vorschau angehört werden. Für die Bearbeitung stehen die Dateien gesammelt als ZIP-Archiv zur Verfügung. Nach dem Download des Archivs wird die gewünschte MIDI-Datei in den Magix Music Maker importiert. Für jedes Reformationslied sind die Grundmelodie und ein Bass-Arrangement hinterlegt. Diese dienen als Grundlage für den Remix.
Nach dem Import (Drag&Drop) und dem Anlegen einer ersten Tonspur wird ein Instrument oder Klang ausgewählt und die gewünschte Geschwindigkeit eingestellt.
Im einem zweiten Schritt wird die Basslinie in eine zweite Spur importiert und ein Klang oder Instrument ausgewählt. Die Startpunkte werden anhand des Timecodes synchronisiert.
Anschließend wird ein Beat aus den Soundpools eingefügt. Hierbei lassen sich verschiedene Varianten ausprobieren. Mit Hilfe der Softwareinstrumente kann auch ein eigener Beat erstellt werden.
Bei Bedarf können weitere Spuren generiert und per Drag&Drop Instrumente, Klänge oder Filter eingefügt werden. Über ein USB-Keyboard bzw. die PC-Tastatur lassen sich eigene Tonaufnahmen einspielen.
Sollen Texte eingesprochen oder eingesungen werden, kann dies über das Audio-Interface oder ein USB-Mikrofon erfolgen. Der Klang wird über das Mischpult angepasst. Hierbei muss auch die Lautstärke überprüft werden.
Im letzten Schritt wird das fertige Ergebnis als mp3-Datei exportiert und abgespeichert.
Hinweis: Während der Arbeit an den Sounddateien sollte man die Internetverbindung des PCs abschalten, da der gesamte Arbeitsspeicher des Rechners belastet wird. Außerdem sollten sich alle Handys im Flugmodus befinden, denn die Qualität der Audioaufnahmen kann unter Umständen durch hörbare Interferenzen beeinträchtigt werden.
Nach der Fertigstellung des Remixes reflektieren die Schülerinnen und Schüler Kontinuitäten und Brüche zwischen Reformationszeit und Gegenwart anhand ihres bearbeiteten Reformationsliedes (Musik und Text).
Eine Präsentation des Remixes (bzw. der Remixe) vor Publikum, z. B. der Schulgemeinschaft, steht am Abschluss des Projekts. Dafür sind geeignete Abspielgeräte mit guter Soundqualität erforderlich. Die Ergebnisse sollen wertschätzend im Horizont von Reformation und Gegenwart wahrgenommen und ggf. auch diskutiert werden.
Falls gewünscht, erstellen die Schülerinnen und Schüler einen Account bei dem Online-Musikdienst SoundCloud. Der Remix kann dort als MP3-Datei hochgeladen und beispielsweise auf der Schulhomepage eingebettet werden.
Sowohl das gesamte MIDI-Archiv (ZIP) als auch die einzelnen MP3-Dateien stehen am Ende der Seite zum Download bereit. Das folgende Beispiel illustriert, wie sich ein möglicher Remix von Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn [EG 363] anhören könnte:
Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn [EG 363]
„Kommt her zu mir“, spricht Gottes Sohn, „all die ihr seid beschweret nun, mit Sünden hart beladen, ihr Jungen, Alten, Frau und Mann, ich will euch geben, was ich han, will heilen euren Schaden.Mein Joch ist sanft, leicht meine Last, und jeder, der sie willig fasst, der wird der Höll entrinnen. Ich helf ihm tragen, was zu schwer; mit meiner Hilf und Kraft wird er das Himmelreich gewinnen.“
Heut ist der Mensch schön, jung und rank, sieh, morgen ist er schwach und krank, bald muss er auch gar sterben; gleichwie die Blumen auf dem Feld also wird diese schöne Welt in einem Nu verderben.
Dem Reichen hilft doch nicht sein Gut, dem Jungen nicht sein stolzer Mut, er muss aus diesem Maien; wenn einer hätt die ganze Welt, Silber und Gold und alles Geld, doch muss er an den Reihen. (Gemeint ist ein Totentanz)
Dem G’lehrten hilft doch nicht sein Kunst, die weltlich Pracht ist gar umsonst, wir müssen alle sterben. Wer sich in Christus nicht bereit’, solange währt die Gnadenzeit, ewig muss er verderben.
Höret und merkt, ihr lieben Leut, die ihr jetzt Gott ergeben seid: lasst euch die Müh nicht reuen, halt’ fest am heilgen Gotteswort, das ist eu’r Trost und höchster Hort, Gott wird euch schon erfreuen.
Und was der ewig gütig Gott in seinem Wort versprochen hat, geschworn bei seinem Namen, das hält und gibt er g’wiss fürwahr. Er helf uns zu der Heilgen Schar durch Jesus Christus! Amen.
Text: Georg Grünwald (1530) / Melodie: Nürnberg (1534)
Projektidee und Arrangement: Mirco Vogel
Midi-Dateien: Dr. Peter Lippelt