Die Projektidee erschließt Zugänge zur Reformation und ihrer Wirkungsgeschichte über einen Ausdruckstanz. Solche ins Feld des „Bewegten Unterrichts“ gehörende Zugänge eignen sich für alle Schularten und Jahrgänge. Der besondere Charme dieser Projektidee entspringt der Kombination aus Bewegung, choreografischen Elementen und hermeneutischen Zugängen.
Zielgruppe: Ab Jahrgangsstufe 3
Zeitumfang: Mind. 6 Unterrichtsstunden
Materialien:
Das hier gezeigte Beispiel der Klasse 5a des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasiums Merseburg greift musikalisch auf den Track Trauerspiel (Arrangement: Mirco Vogel) zurück, einen Remix des Kirchenliedes Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn [EG 363]. Dabei wird die mittelalterliche Tradition des Totentanzes aufgenommen und neu interpretiert. Das Lied steht zum Download zur Verfügung. Grundsätzlich lässt sich jedes Lied mit reformatorischen Bezügen für das Projekt verwenden, wobei sich modernisierte Fassungen in besonderem Maße eignen. Eigene Remixe lassen sich mithilfe der Projektidee Reformationslieder remixen erstellen.
Die Schülerinnen und Schüler sollen im Rahmen des Projekts Aspekte von Gemeinschaft aus der Gegenwart mit dem Gemeinschaftsgefühl einer Gruppe der Reformationszeit vergleichen und beurteilen.
Eine vorherige Thematisierung bzw. Einführung in das Thema Reformation ist möglich, jedoch nicht zwingend notwendig. Allerdings können elementare Hintergrundinformationen zu reformatorischen Bezügen oder zu den Texten der verwendeten Lieder die Überlegungen der Schülerinnen und Schüler anregen oder vertiefen. Dieses Wissen erleichtert die eigenen Lernwege in die Musik und in den Tanz.
Eine Umsetzung des Projekts ist prinzipiell in jeder Jahrgangsstufe möglich. Eine tanzpädagogische Ausbildung der Lehrkraft ist nicht notwendig.
Um den Schülerinnen und Schülern einen offenen und damit persönlichen Einstieg in die Thematik zu ermöglichen, nähern sie sich dem Lied zunächst ohne Informationen zu dessen Herkunft an. Auch die Bekanntgabe des Titels erfolgt an dieser Stelle noch nicht. Dadurch kann die gesamte Lerngruppe, unabhängig von ihrer religiösen oder weltanschaulichen Sozialisation, einen unverfälschten emotionalen (und nicht zwingend religiösen) Zugang gewinnen.
Ein erstes Abspielen des Liedes könnte mit folgender Aufgabenstellung verbunden werden:
Gleich wirst du ein dir unbekanntes Lied hören. Bewege dich passend zu der Musik.
Beim zweiten Abspielen des Liedes identifizieren die Schülerinnen und Schüler unterschiedliche, voneinander abgrenzbare Abschnitte. Die Bewegungen sollen nun variierend an Rhythmus und Tempo der einzelnen Liedteile angepasst werden:
Bewege dich erneut zu dem Lied. Achte darauf, welche verschiedenen Liedteile du wahrnimmst und passe deine Bewegungen in Rhythmus und Tempo an.
In diesem Schritt werden sich die Schülerinnen und Schüler ihrer eigenen Bewegungen zunehmend bewusst.
Eine gemeinsame Kategorisierung der Bewegungen erfolgt im nächsten Schritt unter der Fragestellung:
Was macht das Lied mit mir und meinen Bewegungen?
Zunächst gilt es, unbewusste Verknüpfungen von Emotionen und Bewegungen bewusst zu machen. Die Schülerinnen und Schüler nehmen dafür in einer Gruppenarbeitsphase selbstständig Kategorisierungen vor. Jedes Team erhält einen MP3 Player/Laptop/Tablet mit dem Lied. Die Teams ordnen ihre Bewegungen den einzelnen Liedabschnitten zu und deuten diese mithilfe von Begriffen und Symbolen. Diese Arbeitsphase dauert ca. 45 Minuten.
In einer anschließenden Präsentationsphase (ca. 35 Minuten) werden die Ergebnisse der Gruppen vorgestellt. Ziel ist es, eine Vielzahl von Bewegungsmustern wahrzunehmen, wertzuschätzen und als gemeinsames kreatives Potential zu sichern. Die aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler stammenden und an persönliche Emotionen gebundenen Bewegungsmuster werden als Ergebnis individueller Deutungsprozesse verstanden, die in ihrer Gesamtheit eine mögliche Interpretation des Liedes darstellen. Im Anschluss daran werden den Schülerinnen und Schülern der Titel des Liedes, eine zeitliche Einordnung und Hintergrundinformationen zugänglich gemacht. Auch der Liedtext wird ihnen nochmals vorgelegt:
Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn, all die ihr seid beschweret nun, mit Sünden hart beladen, ihr Jungen, Alten, Frau und Mann, ich will euch geben, was ich han, will heilen euren Schaden.
Mein Joch ist sanft, leicht meine Last, und jeder, der sie willig fasst, der wird der Höll entrinnen. Ich helf ihm tragen, was zu schwer; mit meiner Hilf und Kraft wird er das Himmelreich gewinnen.
Heut ist der Mensch schön, jung und rank, sieh, morgen ist er schwach und krank, bald muss er auch gar sterben; gleichwie die Blumen auf dem Feld also wird diese schöne Welt in einem Nu verderben.
Dem Reichen hilft doch nicht sein Gut, dem Jungen nicht sein stolzer Mut, er muss aus diesem Maien; wenn einer hätt die ganze Welt, Silber und Gold und alles Geld, doch muss er an den Reihen.
Dem G’lehrten hilft doch nicht sein Kunst, die weltlich Pracht ist gar umsonst, wir müssen alle sterben. Wer sich in Christus nicht bereit‘, solange währt die Gnadenzeit, ewig muss er verderben.
Höret und merkt, ihr lieben Leut, die ihr jetzt Gott ergeben seid: lasst euch die Müh nicht reuen, halt‘ fest am heilgen Gotteswort, das ist eu’r Trost und höchster Hort, Gott wird euch schon erfreuen.
Und was der ewig gütig Gott in seinem Wort versprochen hat, geschworn bei seinem Namen, das hält und gibt er g’wiss fürwahr. Er helf uns zu der Heilgen Schar durch Jesus Christus! Amen.
Findet euch in Gruppen zusammen. Hört das Lied erneut an und überlegt, welche Bewegungen zu welchem Liedabschnitt passen. Beschreibt eure Bewegungen mit passenden Begriffen und Symbolen. Präsentiert diese im Anschluss der Gruppe.
Die zuvor in den Teams erstellten Bewegungen dienen nun als Grundlage für eine gemeinsame Choreographie. In dieser Phase nimmt die Lehrkraft lediglich eine beratende Funktion ein, während die Schülerinnen und Schüler eine Erarbeitung in der gesamten Lerngruppe vornehmen. Dabei bedienen sie sich aller von den Teams präsentierten Bewegungsmuster. Häufige Wiederholungen – zunächst ohne Musik – sind unerlässlich, um die Bewegungsabläufe zu automatisieren und diese schließlich im Zusammenspiel mit der Musik (ggf. vor Publikum) abrufen zu können. Schülerinnen und Schüler, die an dieser tanzpädagogischen Realisierung nicht teilnehmen möchten, sind während der Erarbeitung als „Reporter“ tätig und halten die einzelnen Phasen der Erarbeitung in Bildern und Videos fest.
Die Erarbeitungsphase mündet in der Sicherung des Tanzes in Form eines Videos. Mithilfe der Videoaufzeichnung kann zum einen an der Feinabstimmung gearbeitet werden, zum anderen kann die Arbeit mit dem Tanz an späterer Stelle fortgesetzt werden. Besondere Anerkennung verspricht die Präsentation vor Publikum, z. B. im Rahmen einer schulischen Veranstaltung (Tag der offenen Tür, Schulfest, Elternabend etc.) oder als Teil eines Schulprojektes zum Thema Reformation. Auch diese Phase wird von den „Reportern“ dokumentiert.
Im Anschluss an eine gemeinsamen Sichtung des von den „Reportern“ erstellten Foto- und Videomaterials findet eine abschließende Reflexion statt. Sie dient neben einer Auswertung des Projekts auch der inhaltlichen Vertiefung.
Dabei kann beispielsweise folgenden Fragen (differenziert und abhängig vom Alter der Schülerinnen und Schüler) nachgegangen werden:
Darüber hinaus kann anhand der Projekterfahrungen auch über die Bedeutung von Gemeinschaft nachgedacht werden. Anders als im 16. Jahrhundert lassen sich konfessionelle, religiöse oder weltanschauliche Differenzen bewusst wahrnehmen, ohne dass es deshalb zu Konflikten kommen muss.
Projektidee und Arrangement: Adrienne Elisa Jugl
Wird für ein Reformationsprojekt Musik benötigt, können eigene Songs erstellt werden, die auf Melodien des 16. Jahrhunderts beruhen. Im Rahmen des Projekts Reformationslieder remixen: Der Sound der Reformation wird eine Auswahl an Midi-Files (Melodie und Bass) von speziell eingespielten Reformationsliedern zur freien Verfügung gestellt. Diese können den eigenen Bedürfnissen bezüglich Sound, Tonhöhe und Tempo angepasst werden.
Für das Erstellen eigener Musik wird eine Digital Audio Workstation (DAW) benötigt. Zu den kostenlos verfügbaren Open-Source-DAWs gehören z. B. die Programme Tracktion t5, Audacity oder MuLab. Für diese Tools finden sich auf YouTube zahlreiche erläuternde Tutorials. Besonders intuitiv benutzbar sind die Einsteiger-DAWs Magix Music Maker (Microsoft Windows) und GarageBand (Apple OS). Magix Music Maker ist in mehreren Versionen (u. a. als 30-Tage-Testversion bzw. kostenfreie Basisversion) erhältlich und eignet sich in besonderem Maße. Über Drag&Drop lassen sich in kurzer Zeit Songs nach einem Baukastenprinzip zusammensetzen. Wer nicht auf vorgefertigte Samples zurückgreifen möchte, kann mit Hilfe der PC-Tastatur oder eines USB-Keyboards die Tracks nach Belieben bearbeiten, Sounds modulieren und Beats entwickeln. Für Gesangsaufnahmen wird zusätzlich ein USB-Mikrofon oder ein Audiointerface benötigt, über das ein Mikrofon angeschlossen werden kann.
Magix Music Maker ist Mischpult, Drumcomputer, Beatbox und Aufnahmestudio in einem. Das Programm stellt eine Vielzahl von Sounds und Loops für eigene Kreationen zur Verfügung, besitzt mehrere Synthesizer und dient als Aufnahmestudio mit zahlreichen Effekten. Die bereitgestellten Midi-Audiodateien können direkt importiert werden.
Kurzanleitung
Die Midi-Datei des gewünschten Reformationsliedes wird hier heruntergeladen und im Magix Music Maker importiert. Für diese erste Spur wird ein Instrument oder Klang ausgewählt und die gewünschte Geschwindigkeit eingestellt.
Danach wird die Basslinie in eine zweite Spur importiert und ein Klang oder Instrument ausgewählt. Die Startpunkte werden anhand des Timecodes synchronisiert.
Anschließend wird ein Beat aus den Soundpools eingefügt. Hierbei lassen sich verschiedene Varianten ausprobieren. Mit Hilfe der Softwareinstrumente kann auch ein eigener Beat erstellt werden.
Bei Bedarf können weitere Spuren generiert und per Drag&Drop Instrumente, Klänge oder Filter eingefügt werden. Über ein USB-Keyboard bzw. die PC-Tastatur lassen sich eigene Tonaufnahmen einspielen.
Sollen Texte eingesprochen oder eingesungen werden, kann dies über das Audio-Interface oder ein USB-Mikrofon erfolgen. Das Ergebnis wird als mp3-Datei exportiert.
Hinweis: Während der Arbeit an den Sounddateien sollte man die Internetverbindung des PCs abschalten, da der gesamte Arbeitsspeicher des Rechners belastet wird. Außerdem sollten sich alle Handys im Flugmodus befinden, denn die Qualität der Audioaufnahmen kann unter Umständen durch hörbare Interferenzen beeinträchtigt werden.
Projektidee und Arrangement: Mirco Vogel
Midi-Dateien: Dr. Peter Lippelt